Informationen zur GTH Arbeitsgruppe Gentherapie

Die Gentherapie stellt eine bahnbrechende neue Behandlungsmöglichkeit für Hämophilie dar, die in den letzten zehn Jahren bedeutende Fortschritte gemacht hat und bereits mit einem Produkt für die Therapie der Hämophilie A sowie Hämophilie B zugelassen ist.

Im Vergleich zu bisherigen Behandlungsmethoden könnte sie bei niedrigen Blutungsraten eine weitgehende Unabhängigkeit von regelmäßiger Substitutionstherapie ermöglichen. Dies ist insbesondere durch die Verwendung von adeno-assoziierten Viren (AAV) als Vektoren zur Übertragung des therapeutischen Gens auf die Leberzellen möglich geworden. Nach einer einmaligen intravenösen Gabe könnten Patienten mit Hämophilie potenziell langfristig stabile Gerinnungsfaktorspiegel erreichen, was einen signifikanten klinischen Nutzen und eine verbesserte Lebensqualität mit sich bringt.

Allerdings wurden auch Nebenwirkungen, insbesondere leichte bis moderate Anstiege der Alanin-Aminotransferase (ALT), beobachtet, welche transient sind, aber zu einer Reduktion oder dem Verlust der Transgenexpression führen können. Weitere, später verlaufende Nebenwirkungen können aktuell nicht ausgeschlossen werden, theoretisch verursacht durch eine Integration in das Genom.

Für eine effektive und sichere gentherapeutische Behandlung ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit in spezialisierten Hämophilie-Zentren erforderlich. Die Zentren, organisiert in einem Hub-and-Spoke-Modell, passen sich ständig an die wachsenden Anforderungen an, um eine standardisierte Behandlung unabhängig vom Standort des Patienten zu gewährleisten. Eine elektronische Plattform für den Datenaustausch ist hierbei entscheidend, um den Prozess der Gentherapie zu unterstützen, einschließlich der Initiierung der Behandlungsschritte und der Überwachung der Nachsorge.

Die Gentherapie für Hämophilie hat somit großes Potenzial, setzt jedoch innovative Konzepte, strukturelle Anpassungen, interdisziplinäre Zusammenarbeit und einen effizienten Datenaustausch voraus, um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.

Modell-SOPs der GTH für die Gentherapie der Hämophilie

Am 26.03.2024 ist die ATMP-Qualitätssicherungs-Richtlinie Erstfassung der Anlage IV – Gentherapeutika bei Hämophilie in Kraft getreten.

Ab sofort ist jede Behandlungseinrichtung, die die Gentherapie der Hämophilie einsetzen möchte, aufgefordert, Qualitätsanforderungen gemäß dieser Richtlinie nachzuweisen. Hierzu gehört auch die Bereitstellung verschiedener SOPs. 

Auf Anfrage stellen wir Ihnen diese SOPs zur Verfügung:

  • Anforderung an Infrastruktur und Organisation zur Gentherapie der Hämophilie
  • Überwachung zur Früherkennung von und den Umgang mit Komplikationen
  • Übergang zwischen Behandlung und Nachsorge sowie Infrastruktur und Organisation der Nachsorge der Gentherapie der Hämophilie

Diese Modell-SOPs beinhalten alle wichtigen Informationen, auch diejenigen aus den GTH Empfehlungen zur Gentherapie, haben eine einheitliche Gliederung und ermöglichen den Zentren darüber hinaus, eigene Vorgaben in die SOPs einzubringen.

Sie können diese ab sofort per Mail bei der GTH Geschäftsstelle anfordern: mail [at] gth-online.org.

Ziele der Arbeitsgruppe
  • Richtlinien für den klinischen Einsatz: Erarbeitung von Empfehlungen und Richtlinien für die Auswahl geeigneter Patienten für die Gentherapie, den Aufklärungs- und Einwilligungsprozess sowie die Nachsorge und die Zusammenarbeit der Zentren
  • Standardisierung der Behandlungsprotokolle: Entwicklung und Implementierung von standardisierten Protokollen für die Verabreichung der Gentherapie, einschließlich Überwachung von Nebenwirkungen und Management von Komplikationen
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Förderung der Zusammenarbeit zwischen Hämophilie-Zentren, Hepatologen, Immunologen und anderen Disziplinen, um einen umfassenden Behandlungsansatz zu gewährleisten
  • Austausch mit der Industrie, Kostenträgern und Patientenvereinigungen: Einrichtung regelmäßiger Round-table, um aktuelle Entwicklungen diskutieren zu können
  • Datenerfassung und -austausch: Etablierung einer sicheren und effizienten elektronischen Plattform für den Datenaustausch zwischen verschiedenen Behandlungszentren, um die Überwachung der Patienten und die Berichterstattung über Behandlungsergebnisse zu erleichtern
  • Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit: Sammlung von Langzeitdaten zur Sicherheit und Wirksamkeit der Gentherapie in einem Gentherapie-Register
  • Internationale Zusammenarbeit: Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Registern, um Daten zu sammeln und auszutauschen